Ich bin zugegeben mit gemischten Gefühlen in CDMX ins Flugzeug gestiegen. Es war wohl eine Kombination aus wenig Schlaf, Mexiko nicht verlassen wollen, Weihnachtstag mit ein bisschen Heimweh und nicht recht wissen, was ich in Guatemala zu erwarten hatte… Aber das gehört halt zu einer solchen Reise dazu und ich war mir sicher, das nächste Grinsen war wie immer nicht allzu weit entfernt – und es hat auch schon gleich beim Abflug gestartet 😊 Der Landeanflug auf Guatemala City war schon mal beindruckend mit der Weitsicht auf alle Berge und Vulkane.


Antigua
Da all unsere Recherchen sicherheitstechnisch gegen einen Aufenthalt in Guatemala City gesprochen haben, buchten wir unsere erste Unterkunft entsprechend im Touristen-Hub Antigua. Die gesamte Reise hatte reibungslos funktioniert, sodass wir sogar einen traditionellen Weihnachtsumzug anschauen und uns ein feines Abendessen mit klassischen «Carne Asado» gönnen konnten.


Antigua an sich ist echt ein herziges Städtchen mit ca. 65’000 Einwohner im Hochland auf ca. 1’500 Meter. Mit der gut erhaltenen kolonialen Architektur ist Antigua UNESCO Weltkulturerbe und entsprechend beliebt bei Touristen, es erinnerte mich ein wenig an San Cristobal in Mexiko. Was gleich auffällt ist, dass neben den internationalen Gästen die Mehrheit der lokalen Bevölkerung traditionell gekleidet ist. Wenig überraschend, da Guatemala das Herzstück der modernen Mayakultur repräsentiert. Die Stadt ist umgeben von Bergen mit einer direkten Sicht auf den Volcano de Agua mit 3’750 Meter Höhe. Dass wir ein paar Tage später auf diesen tatsächlich herunterschauen würden, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht 😉

Kulinarisch hat Antigua einiges an Varietät zu bieten und wir entdecken die lokale Küche. Als gefühlt «gourmetverwöhnte Mexikaner» können wir uns aber nicht so recht für das guatemaltekische Essen begeistern – und wir finden bald heraus, dass sich Guatemala nicht zufällig auf «panza mala» reimt…naja…

Lago Atitlán
Ein paar Stunden im Touribüsli mit affentempo entlang kurvigen Strassen später, sind wir in Panajachel angekommen, dem Eintritts-Hafen zum Lago Atitlán. Wir haben bewusst auf den lokalen «Chicken Bus» verzichtet, weil unsicher / umständlich / «undichbinaltundwäg50stutsmuesismirnümegäh» oder so ähnlich 😉 Dieser «mystische See» ist das tiefste Gewässer in Guatemala, unzählige kleine Dörfer säumen sich entlang dem verwinkelten Ufer und dahinter thronen die Vulkane, es hat wirklich etwas magisches.
Passend dazu hat es ein «Hippie-Dorf» namens San Marcos, wo dir die Taro-Karten bereits am Boots-Steg gelegt werden. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, gibt es quasi einen «Hippie-Tempel», genannt «Eagles Nest» ganz am Berg oben, mit epischer Yogaplattform, Community-Lifestyle, Breathwork, Moon-Rave, Öko-Busch-Toiletten und veganer Küche – denn Pilzli-Trips sind ja auch vegan oder? 😉




Keine Frage, da mussten wir natürlich hin! Zuerst müssen wir aber mal dorthin kommen – was mit kleinen, lottrigen Fähren, viel Geschrei und viel beten, dass dein behelfsmässig befestigter Rucksack nicht ins Wasser fällt – aber machbar ist. Dann nur noch vorbei an 3 Haschverkäufern und einer Hexe (ich schwörs!), noch gefühlt 1000 Treppen rauf entlang der Hinterhöfe von San Marcos und schon sind wir da.


Das einzige nicht hippie-mässige an diesem Ausflug waren die Preise – lago mio, das war die teuerste Übernachtung auf der ganzen Reise und wir haben es irgendwie mit Silvester gerechtfertigt… jaja… Es war aber wirklich ein Aufenthalt für sich und ist uns definitiv in Erinnerung geblieben – auch dank dem tollen Timing vom «panza mala» 😝
Weil dieser See aber wirklich ein Fall für sich ist, haben wir noch einige Tage in einem anderen Dorf verbracht und ihn von dort aus erkundet. Die Dörfer, insbesondere Santa Cruz de La Laguna, sind wirklich ein Besuch wert – die Touristen hier sind mehrheitlich aus Guatemala, was nochmal ein anderes Flair gibt. Wie bisher überall in Guatemala sind auch hier die Leute sehr freundlich, uns strahlt überall ein Lächeln entgegen und viele sind schön gekleidet und einen Kopf kleiner sind als wir, so wirkt alles einfach nur warmherzig.


Einige Strässchen sind schön rausgeputzt und farbenfroh.


Quetzaltenago
Oder im Volksmund auch Xela gennannt, liegt auf 2’300 Meter etwa drei Stunden nord-östlich vom Lago Atitlan entfernt. Die zweitgrösste Stadt von Guatemala ist definitiv kein Touristen-Hub mehr, sondern eine lokale Bauernstadt, wo sich der guatemaltekische Alltag zeigt. Ich fand es überraschend ruhig für eine Stadt mit 180’000 Einwohner, die Luft wie überall bisher in Guatemala kühl und leider voller Abgase. Das ist allgemein so eine Sache in Guatemala. Es gibt keinerlei Gesetze zur Abgasregelung (ernsthaft) und das Land ist zwar sehr arm, aber es können sich trotzdem einige ein Auto leisten – wenn halt eben ein sehr altes, kaputtes und mit zero Luftfilterung. Der Verkehr ist enorm und mit der dünnen Luft auf über 2’000 Meter braucht es definitiv keine Zigi mehr zum Apéro… Wir sind mehrheitlich im Park gesessen, haben lokales Gebäck und Kaffee vertilgt und den Leuten zugeschaut – viel mehr kann man dort dann auch nicht machen 😉


Typische Kreuzung und Strassensituation gleich hinter dem Markt, es wuselt, raucht und lebt überall.


Unsere Route führt uns dann wieder zurück nach Antigua, da es der ideale Ausgangspunkt für das wahre Highlight unserer Guatemala-Reise ist…
Volcano Acatenango
Wenn man als Tourist in Guatemala unterwegs ist, geht es nicht lange, bis man das erste Mal diesen Namen hört – viele sind auch nur deswegen hierhergekommen. Der Vulkan-Komplex Horqueta setzt sich aus dem noch aktiven Fuego Vulkan und dem höchsten Gipfel von Guatemala auf dem Acatenango Vulkan mit fast 4000 Meter (3976 um genau zu sein) zusammen. Lange haben wir hin- und her überlegt, ob wir dieses Abenteuer wagen. Der Aufstieg dauert zwischen 4-6 Stunden um das Basecamp of 3400 Meter zu erreichen, abhängig von der Fitness und wie man den Höhenunterschied verkraftet. Dann «übernachtet» man im Camp – in Anführungszeichen, weil es nur Zelte und kleine Verschläge gibt, die Temperatur fällt unter 5 Grad in der Nacht. Am nächsten Morgen ganz früh geht’s an den steinigen Aufstieg bis zum Gipfel und man wird mit der gewaltigen Aussicht belohnt – so denn das Wetter gut ist.
Soweit zur Theorie, jeder Backpacker und unzählige Foren erzählen wilde Geschichten, ob/wie er oder sie es denn geschafft hat (oder auch nicht…), von mal besseren oder schlechteren Guides, vom ganzen Equipment und Wasser, dass man nach oben tragen muss und unisono von der eisigen Kälte auf dem Gipfel. Eins ist sicher: Alle sind ein bisschen nervös und haben Respekt vor dieser Herausforderung. Also konnten wir es natürlich auch nicht lassen, au wenn mir äs bitzli Schiss händ 😉. Wir wollten uns aber nicht völlig übernehmen und haben für etwas mehr Geld einen privaten Guide gebucht, um unser eigenes Tempo laufen zu können.

Und das hat sich ausgezahlt – wir sind in weniger als 4 Stunden oben gewesen, und haben am gleichen Nachmittag sogar noch den Gipfel erklimmt – das heisst, wir waren quasi alleine, rechtzeitig zum Sonnenuntergang dort oben und konnten es ohne Gedränge geniessen. Ich muss sagen, für mich persönlich war es etwas vom Schönsten, was wir auf all unseren Reisen erlebt haben – einfach nur WOW! Den Nachbarvulkan Fuego haben wir dann am Abend mit einer heissen Schokolade mehrfach mit lautem Donnern eruptieren sehen, das ist wirklich ein einmaliges Erlebnis.

Aber WORTH IT! Hier nun die anderen Vulkane von Guatemala… von oben 😉


Auf die Zähne beissen hiess es dann nochmals am Abend, als wir mit mehreren Kleiderschichten im Schlafsack in unserem Hüttli fast erfroren sind (und aufs einzige Camp-Plumpsklo 100 Meter weiter unten willst du auch nicht um 3 Uhr morgen, glaub mir).



Am nächsten Morgen hiess es dann die paar tausend Meter steil wieder runter (oder eher so runter-rennen im Ski-Sitz), was am nächsten Tag mit dem gewaltigsten Muskelkater deines Lebens verdankt wird. Aber alles in allem war es ein wahnsinnig tolles Erlebnis und ein grossartiger Abschluss unseres Monats in Guatemala. Hier haben wir auch entschieden, den restlichen Teil unserer Reise in Zentralamerika zu verbringen, also heisst der nächste Stopp Nicaragua.

